Der neue Strafenkatalog


Durch eine bessere Bekämpfung von Leistungsmissbrauch bei Hartz IV erhofft sich der Bund jährliche Einsparungen von mindestens 1,2 Milliarden Euro. Die Gemeinden sollen 300 Millionen Euro sparen können. Das Vorhaben soll zum 1. August in Kraft treten. Insgesamt wurden 70 Änderungen beschlossen, die sich die sich in enger ausgelegten Bestimmungen und Verwaltungsvorschriften niederschlagen. Die wichtigsten finden Sie hier.
  • Die Sanktionen gegen arbeitsunwillige Leistungsbezieher werden verschärft. Wer in zwölf Monaten drei Mal eine Stelle oder Qualifizierung ablehnt, muss mit einer Streichung aller Zahlungen rechnen. Es gäbe nur noch Sach- oder geldwerte Leistungen, wie etwa Lebensmittelgutscheine.
  • Mit dem Sofortangebot einer Arbeit oder Qualifizierung sollen die Job-Center künftig die Arbeitswilligkeit von neuen Antragstellern testen. Die Regierung schätzt, dass so von 750.000 Antragstellern 75.000 abgeschreckt werden.
  • Die Job-Center zur Betreuung der Langzeitarbeitslosen sollen flächendeckend Außen- und Prüfdienste einrichten. Erhoffte Wirkung: Aufdeckung von etwa 90.000 Missbrauchsfällen mit einem Einsparvolumen von bis zu 440 Millionen Euro.
  • Der Abgleich von Daten wird erleichtert. Auch private Stellen wie Call-Center können im Auftrag der Behörden telefonisch Daten bei Leistungsempfängern abfragen und somit auch ihre Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt prüfen. Künftig sind auch Anfragen bei den Finanzbehörden möglich, ob Arbeitslose Konten oder Aktiendepots im EU-Ausland haben. Beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg darf erfragt werden, welche Fahrzeuge der Betroffene hat, um beurteilen zu können, ob das Auto seinen Vermögensverhältnissen angemessen ist. Erhoffte Wirkung: Aufdeckung von Missbrauch in 80.000 bis 100.000 Bedarfsgemeinschaften, Einsparung bis zu 500 Millionen Euro.
  • Für eheähnliche Gemeinschaften gibt es eine Umkehr der Beweislast. Wer zusammenlebt muss künftig nachweisen, dass man keine Lebensgemeinschaft bildet und somit Einkommen und Vermögen des Anderen nicht angerechnet werden dürfen.
  • Es wird mehr Vermögen zur Altersvorsorge von der Anrechnung beim Arbeitslosengeld II freigestellt. Der Freibetrag für Privatvorsorge wird auf 250 statt derzeit 200 Euro pro Lebensjahr angehoben. Bei einem 60-Jährigen blieben also 15.000 statt bisher 12.000 Euro für die Altersvorsorge verschont. Der Höchstbetrag für sonstiges Vermögen wird im Gegenzug aber von 200 auf 150 Euro pro Jahr gesenkt. Unter dem Strich erwartet der Bund Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe.
  • Ein neuer Gründungszuschuss löst die bisherige Ich- AG und das Überbrückungsgeld für Arbeitslose ab, die sich selbstständig machen wollen. Dies gilt aber nur für Bezieher des regulären Arbeitslosengeldes I, nicht für Langzeitarbeitslose. Voraussetzung ist, dass ein Anspruch auf mindestens 90 Tage Arbeitslosengeld I besteht. Existenzgründer erhalten dann bei einer schlüssigen Geschäftsidee für neun Monate zusätzlich zum Arbeitslosengeld eine Pauschale von 300 Euro. Der Zuschuss kann auf bis zu 15 Monate verlängert werden. Die Koalition will damit die Kosten für Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit von derzeit 3,1 Milliarden auf zwei Milliarden Euro begrenzen.
Quelle: Spiegel Online

weiter Änderungen

  • Außendienstkontrollen: Um Leistungsmissbrauch auf die Spur zu kommen, gibt es bei den Arbeitsgemeinschaften von Kommunen und Arbeitsagenturen künftig einen Außendienst. Langzeitarbeitslose müssen jederzeit erreichbar sein und dürfen sich - wie auch schon Kurzzeitarbeitslose - nicht ohne Abmeldung vom Wohnort entfernen.
  • Renten: Der Bund überweist für ALG-II-Empfänger nur noch 40 statt 78 Euro monatlich an die Rentenversicherung. Damit reduziert sich deren künftiger Rentenanspruch von 4,30 Euro auf 2,20 Euro im Monat.
  • Junge Arbeitslose: Auch Arbeitslosen unter 25 Jahren, die Angebote wiederholt ausschlagen, kann nun die Unterstützung einschließlich Wohn- und Heizkosten komplett gestrichen werden. Seit April benötigen sie bereits die Zustimmung der Behörden, wenn sie aus dem Elternhaus ausziehen und einen eigenen Hausstand auf Staatskosten gründen wollen. 18 bis 25-Jährige, die im Haushalt der Eltern leben, erhalten nur noch den um ein Fünftel gekürzten als ALG- II- Regelsatz.
  • Wohnung: Junge Arbeitslose unter 25 brauchen künftig die Erlaubnis der Behörden, wenn sie von zuhause ausziehen wollen. Andernfalls werden ihnen die Miet- und Heizkosten nicht erstattet und auch der Regelsatz um 20 Prozent gekürzt. Volljährige Kinder, die noch im elterlichen Haushalt wohnen, erhalten nur noch 80 Prozent des Regelsatzes.
  • Anspruchsberechtigte: Gefangene, Pflegefälle und langfristig in stationären Einrichtungen lebende Menschen werden vom Bezug des ALG II Geldes ausgeschlossen. Damit soll eine langwierige Prüfung, ob womöglich doch eine Erwerbsfähigkeit vorliegen könnte, künftig entfallen. Bei Bedürftigkeit wird in diesen Fällen Sozialgeld gezahlt.